Ehrungen und ein interessanter Vortrag des Leiters des Celler Landgestütes, Landstallmeister Dr. Axel Brockmann, über die Herausforderungen, vor denen die deutsche Pferdezucht heute steht, standen im Mittelpunkt der Mitgliederversammlung unseres Pferdezuchtvereins. Auch wenn der erst vor einem Jahr gegründete Verein mit 30 zahlenden Mitgliedern noch am Anfang steht, so konnte Vorsitzender Franz Neuhaus doch auf beachtliche Aktivitäten der vergangenen Monate verweisen.
Auf erfreulich große Resonanz bei den Züchtern stießen die beiden Weiterbildungsveranstaltungen im abgelaufenen Jahr. Das war einmal der Kurs mit dem internationalen Erfolgstrainer Morton Thomsen über Bodenarbeit und dem stressfreien Anreiten junger Pferde und zum anderen ein Seminar zum Thema Pferdebeurteilung nach dem neuen linearen System und der Bedeutung der alten Hannoveraner Hengstlinien mit dem Vorstandsmitglied des Hannoveraner Verbandes, Dr. Ludwig Christmann.
Ein Höhepunkt war die erfolgreiche Durchführung der 2. Hannoveraner Zuchtstutenprüfung mit Stutbuchaufnahme und Fohlenschau auf der herrlichen Anlage des Gestüts Letter Berg von unserem Geschäftsführer Günter Voss. Angesichts der hohen Teilnehmerzahl der letztjährigen Zuchtstutenprüfung überlegt der Vorstand, bei entsprechender Resonanz die Veranstaltung künftig eventuell über zwei Tage laufen zu lassen. In diesem Jahr soll es allerdings noch eine Ein-Tagesveranstaltung bleiben. Der Termin: 21. Juni, wieder auf dem Gestüt Letter Berg. Es soll versucht werden, den Fernsehsender Clipmyhorse für eine Übertragung der Schau zu gewinnen. Mehr Infos finden Interessenten rechtzeitig auch an dieser Stelle.
Ein großes Dankeschön gab es vom Vorstand für die beiden Mitglieder Evelyn Luft-Gautsch und Rolf Schettler. Beide Juristen hatten unentgeldlich die ordnungsgemäße Gründung und Eintragung unseres Vereins in das Vereinsregister vorbereitet. Somit konnte Geschäftsführer Günter Voss letztlich auch inklusive einer Anschubfinanzierung des Hannoveraner Verbandes von 500 Euro einen positiven Kassenstand von 1200 Euro verkünden.
Als erfolgreiche Züchterin der Siegerstute der Stutenprüfung wurde Vorstandmitglied Dr. Irina Meyer geehrt. Ihre dreijährige Belissimo /Walt Disney-Tochter trägt damit auch den Titel Prämienstute. Gratulation auch an die Mitglieder Thomas Schulte-Bossendorf, der ebenfalls für die Reservesiegerin, eine Den Haag/Rohjuwel -Tochter eine Verbandsprämie erhielt und an Hubert Lambernd aus Recklinghausen, der mit einer Tochter von Fashion Maker/Fidertanz bei unserer Schau das Siegerfohlen bei den Stuten stellte.
Besonders stolz ist unserer Verein über einen ganz besonderen Erfolg eines seiner Mitglieder: Vorsitzender Franz Neuhaus gratulierte Dieter Grasekamp, dessen Hengst Frisco beim 70-Tage Test im Oktober in Adelsheidsdorf als bester Dreijähriger abgeschnitten hatte. Für seine überragenden Bewegungen und hervorragende Rittigkeit hatte Frisco dabei den hohen Dressurzuchtwert von 135 erzielt. Dafür wurde Friscos Züchter Dieter Grasekamp bei der Privathengstschau in Verden mit dem Weltmeyer-Preis ausgezeichnet. Der Fürstenball/Stedinger-Sohn ist weiterhin im Besitz des Gestüts Grasekamp in Datteln. Auf dem Gestüt Letter Berg wird der jetzt vierjährige Braune nun weiter reiterlich gefördert und steht dort auch den Züchtern mit Frisch- und TG-Sperma zur Verfügung.
In einem engagierten Vortrag beleuchtete Dr. Axel Brockmann anschließend die aktuelle Situation der Pferdezucht. Zucht und Reiterei stünden im Spannungsfeld zwischen den Anforderungen des Tierschutzes und einem international hoch entwickelten Spitzensport, in dem Deutschland die einstige Spitzenposition verloren habe. Das Hauptproblem für Letzteres sieht Dr. Brockmann in der uneinheitlichen Zuchtpolitik durch die vielen Verbände. Dazu komme die zunehmende Focussierung der Züchter auf Junghengste, deren Vererbungskraft noch gar nicht feststeht und die mangelnde Selektion der Stuten auf Eigenleistung. Die Züchter müssten weg von Glanz und Glamour der Hengstschauen, mehr auf bewährte Vererber setzen und sich die Hengste wieder auf den Leistungsprüfungen genau anschauen. Zum Interieur gehöre auch ein Exterieur, das Gesundheit und Leistung verspricht. Dr. Brockmann: „Auf Hufe und Fesselung guckt keiner mehr.“
Brockmann warnte zudem, die Augen davor zu verschließen, dass die Reiterei in Deutschland ein Negativimage bekommen habe, „obwohl wir das beste Asbildungssystem weltweit haben“. Die Diskussion werde zunehmend bestimmt durch Tierschützer, die das Reiten und die vornehmliche Boxenhaltung der Pferde generell in Frage stellen. Gleichzeitig schrecke auch die Diskussion über Höchstpreise auf Auktionen potentielle Käufer ab. Brockmann regte an, Zucht und Reiterei besser zu verzahnen und sich gezielt auch um den reiterlichen Nachwuchs zu kümmern. Die meisten Reiter seien heute um die 30, weiblich und lebten in der Stadt. Die „Naturferne“ der Kinder sei zusätzlich ein Problem. Nur wenn in den Ställen die Haltungsbedingungen und die Dienstleistung verbessert werden, könne es gelingen, das Negativimage in der Bevölkerung abzubauen. Brockmann sah dafür durchaus Chancen: „Im Kontakt zum Pferd stecken viele Emotionen.“